Das Wichtigste für dein Baby – ist weniger als du denkst

Lass‘ uns mal schauen, was so ein Baby wirklich braucht, okay?

Wenn du so bist wie die meisten Eltern, dann machst du dir eigentlich ab Geburt Gedanken über die Entwicklung deines Babys. In der Schwangerschaft hast du nicht weiter gedacht als bis zur Geburt, nicht wahr? Alles danach war irgendwie …  nicht so richtig vorhanden, nicht real. Aber nun ist es real und wunderschön und anstrengend und vielleicht auch mit Ängsten verbunden.
Falls es so ist: Du bist nicht allein, es geht fast allen Eltern so. Glücklicherweise ist das Ganze auch gar nicht so schwierig, wie dich vielleicht einige Leute glauben lassen wollen. Hurra!

Ich nehme mal an, über die absoluten Basics für die Entwicklung des Babys brauchen wir nicht zu reden. Atmen etc. tut es von selbst. Essen. Schlafen.

Wärme. Schutz. Nähe. Hast du alles da und gibst es ihm, wetten? Schon mal ein Haken dran.

Was ist das beste Essen für Babys Entwicklung?

Lass uns mal kurz beim Thema Essen bleiben: Das ist schon spannend, wie viel Sorgen und Mühen man sich um das Essen für Babys Entwicklung machen kann, oder? Es gibt gefühlte Tausend verschiedene Bücher und Tipps, und jeder erzählt etwas anderes. Was soll man wann und wie und in welchem Monat als Beikost geben und wie lange und wann mehr und überhaupt? Da kann man sich theoretisch den ganzen Tag mit beschäftigen. Und ja, es ist wichtig, was man in den ersten zwei Jahren seines Lebens isst, – hat einen Einfluss auf das ganze Leben. Trotzdem … könnte es sein, dass wir uns da etwas zu viel Stress machen?

Meine Highlight-Geschichte zum Thema Baby-Essen
Ich erinnere mich an eine lustige Geschichte aus der Zeit, als ich noch Babygruppen geleitet habe. Wir waren mit der gesamten Gruppe gerade in eine sehr engagierte, fast hitzige Diskussion darüber verstrickt, wie viele Tropfen Öl man genau in den ersten Brei tun sollte. Die Babys waren alle so ungefähr sechs Monate alt. Zwei Tropfen? Oder drei? Es gab verschiedene Fraktionen zu diesem Thema, es bildeten sich Untergruppen und verschiedene Themenstränge und alle waren sehr engagiert dabei.

Dabei saß auch eine junge Asiatin mit ihrem Baby, sie war noch nicht so lange in Deutschland und verstand von der Diskussion kein Wort. Also nutzte sie die Zeit, holte ihr mitgebrachtes Essen für ihr Baby heraus und öffnete fröhlich die Dose. Darin lag für ihr Baby eingelegter Ingwer, ein Stück gesalzener Fisch und etwas Reis. Sie fütterte ihr Baby damit und drehte irgendwann verwundert den Kopf, weil die Gespräche verstummten und alle Mütter fassungslos auf das Essen starrten.

Sie erinnerte uns wunderbarerweise alle daran, dass Babys echte Menschen sind und die Ernährung von Kultur zu Kultur sehr unterschiedlich ist. Und seltsamerweise werden alle groß.

Ich meine, du gibst dir echt Mühe, nur perfekte Nahrung in dein Kind zu bekommen und kaum kann es krabbeln, torpediert es das und isst hauptsächlich Sand aus der Sandkiste? Dann ist jede Windel gesandstrahlt und du fragst dich, warum du Bio kaufst.

 
Und irgendwann kommt noch die Pubertät, wo die gesunde Mischung aus Pizza und Chips ein Herz höher schlagen lässt. Also am besten: Das Ganze jetzt schon ein bisschen loslassen. Auch hier darf dein Perfektionismus schweigen. Unsere Ernährung ist so gut wie noch nie in der Geschichte der Menschheit, egal was du anbietest.

Krabbeln und Laufen lernen und so?

Die Bewegungsentwicklung zeigt besonders deutlich: Jedes Kind ist einzigartig und entwickelt sich anders. Früher hat man gedacht, dass die Entwicklung bis zum Laufen relativ linear verläuft und alles andere Abweichungen sind, die es möglichst zu vermeiden gilt.

Ja, 87% der Babys kommen in der Reihenfolge Drehen, Rutschen, Robben, Krabbeln und Vierfüßlerstand zum Stehen. Aber 6% überspringen den Vierfüßlerstand, und 2% überspringen das Krabbeln. 1% macht sehr süße Schlangenbewegungen und steht dann einfach auf. 1% rollt monatelang rum und stellt sich dann hin, als sei nichts gewesen. Ein weiteres Prozent macht die Brücke und steht danach und 3% sitzen, rutschen und stehen. Sind wir jetzt bei 100%? Ich glaube schon. Du siehst, viele Wege führen nach – nicht gleich nach Rom- sondern erst einmal alleine in die Küche.
Es verläuft in den meisten Fällen einfach so, wie es eben verläuft. Dein Baby kennt den Weg und es hat großartigerweise noch den Elan ihn zu gehen.

Wer denkt, lernt nicht laufen
Wusstest du, dass Erwachsene wahrscheinlich nicht das Laufen lernen würden? Nicht, weil wir es nicht könnten, sondern weil uns wieder einmal der Kopf dazwischen käme. Hast du mal ein Kind beim Laufenlernen beobachtet? Es stellt sich hin und fällt wieder um und steht und fällt und steht und fällt, geht einen Schritt, fällt – und macht einfach immer weiter, bis es nicht mehr hinfällt. Es probiert so lange, bis es klappt – ohne nachzudenken.
Wir würden da wahrscheinlich folgendermaßen rangehen: „Okay, heute versuche ich das mal mit dem Laufenlernen. Alle Muskelgruppen zusammen nehmen. Standbein fest –  jaaaa, klappt! Oh je, doch hingefallen. Lass‘ uns das mal analysieren. Wo lag der Fehler? Fehleranalyse ist wichtig, damit das nicht wieder vorkommt. Aha, Standbein muss leicht gebeugt sein – fein, verstanden. Nächster Versuch: Jaaaa, klappt, jetzt einen Schritt – doch wieder hingefallen. Bloß jetzt nicht aufgeben, weitermachen, durchhalten!
Also, ich habe es jetzt wirklich einige Wochen intensiv versucht, aber das Laufen ist einfach nichts für mich. Das liegt mir nicht und ich habe auch offensichtlich kein Talent dafür. So oft hinfallen, das ist ja nicht normal. Ich lasse es und suche mir andere Methoden, die besser zu mir passen. Da wird jetzt diese neue Methode angeboten, heißt „Krabbeln“, damit kommt man auch sehr schnell voran.“

Und die soziale und kognitive Entwicklung?

Auch hier, bei meiner Lieblingsbaustelle Emotionen und Denken, kann ich dir nur zur totalen Entspannung raten. Alles was wirklich wichtig ist, machst du sehr wahrscheinlich automatisch. Es ist nämlich so wichtig, dass da ein Automatismus eingebaut wurde, eben damit das auch zuverlässig erledigt wird.

Eine der aller-allerwichtigsten Dinge für dein Baby ist der Blickkontakt. Ab ca. 2 Monaten entsteht das soziale Lächeln beim Kind und wenn du mir jetzt erzählst, dass du nicht begeistert zurücklächelst, wenn dein Baby dich anlächelt, dann glaube ich dir kein Wort. Das ist fast nicht zu verhindern. Also Haken dran, das machst du schon.
Kurze Zwischenbemerkung: Übrigens ist das einer der Hauptpunkte dafür, dass viele Profis das Handy so verteufeln. Auf ein Handy schaust du starr und konzentriert, was für dein Baby extrem irritierend ist. Ich erkläre vielleicht an anderer Stelle noch einmal mehr zum Thema „Polyvagal-Theorie“ – voll spannend, aber jetzt nicht unser Thema. Jedenfalls schaust du dein Baby von Natur aus gerne an.

Durch diesen Blickkontakt werden ganz wesentliche Grundlagen gelegt, auch wieder ganz automatisch. Dein Baby lernt dich lesen durch das Schauen in dein Gesicht. Es lernt menschliche Emotionen zu verstehen. Und wenn du dich einmal genau beobachtest, dann spiegelst du, wenn dein Baby Emotionen hat, automatisch seine Emotionen wieder. So lernt es seine eigenen Emotionen kennen und verstehen. Sehr klug von dir. Nicht darüber nachdenken, einfach weitermachen.

Sehen und Spielen heißt verstehen

Und so geht es weiter: Du folgst automatisch dem Blick des Babys und erzählst ihm begeistert, was es da gerade sieht. „Ja, das Fenster! Ja, das ist die Lampe! Und da kommt der Papa gerade aus der Küche!“ So lernt es die Welt zu verstehen.

Spielzeuge sucht es sich selbst und am liebsten hat es wahrscheinlich deine Dinge, denn die nutzt du ja den ganzen Tag und gibst ihnen dadurch einen hohen Wert. Daher kannst du dich auch beim Thema Spielzeug entspannen, denn der größte Spaß liegt oft im Spiel mit deinen Töpfen und Tupper-Schüsseln. Dein Baby weiß auch hier den Weg und spielt exakt so lange und intensiv mit einem Spielzeug, wie die Gehirnentwicklung das jetzt gerade braucht.

Das Leben ist ein physikalischer Versuch

Dein Baby hantiert mit allen Dingen und testet sie aus. Alles ist ein großangelegter Physik-Versuch. Darum bitte nicht sauer sein, wenn in einer Phase ständig Sachen auf den Boden geworfen werden. Dein kleiner Forscher probiert nur die Erdanziehung aus. Aha, Sachen fallen wirklich immer nach unten und zwar alle Sachen. Schnuller, Spielzeug, Apfel und ups, auch der Teller. Sie fallen immer gerade nach unten und klingen ganz unterschiedlich, wenn sie unten ankommen. Interessant. Es dauert lange, bis diese physikalischen Dinge verstanden wurden. Zunächst wäre dein Baby überhaupt nicht erstaunt, wenn du plötzlich vom Boden abheben und um die Lampe fliegen würdest. Es hat die physikalischen Gesetze noch nicht verstanden. Später kommt dann eine Phase, in der die Dinge auch genau so sein müssen, wie sie neulich waren. Da kann man dann schon mal in Tränen ausbrechen, weil du plötzlich andere Schuhe anhast. Dein Kind hatte gerade mühsam das System verstanden und nun ist es anders. Alarm! Aber zu dieser Phase kommen wir auch noch einmal an anderer Stelle.

So, nun zum Sinn dieses ganzen Posts:

Bitte, bitte entspann dich!

Die wichtigsten Dinge machst du automatisch und der Rest ist absolut verhandelbar für dein Baby.

Bitte lass‘ dich nicht konfus machen von den vielen, vielen Tipps und angeblichen Notwendigkeiten da draußen. Jeden Tag siehst du neue und es addieren sich neue Muss-ich-auf-jeden-Fall-machen zu einer total stressigen Fülle von ToDos.

Nochmal: Entspann‘ dich.

Mach‘ weniger.

Sitz‘ einfach da und lächle dein Baby an. Dann hat es alles was es braucht.

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